Intendierte Lernergebnisse
In diesem Seminarbeschäftigen wir uns mit der Geschichte, Gegenwart und Zukunft ausgewählter„Big Science“-Projekte und mit aktuellen Debatten zur Organisation und Governance von öffentlich finanzierter Forschung. Studierende bekommen dabei Einblick in grundlegende Strukturen der Forschungspolitik und Forschungsorganisation, und sind in der Lage, sich differenziert und kritisch mit den Zielen, Methoden und Nutzen von Grundlagenforschung auseinanderzusetzen.
Lehrmethodik
Gemeinsame Lektüre, Vortrag der LV-Leitung, Erarbeitung und Präsentation einer Fallstudie (individuell bzw. in Kleingruppen), gemeinsame Diskussion
Inhalt/e
Als "Big Science" werden Forschungsprojekte bezeichnet, die für ihre Umsetzung große Budgets, große Maschinen und politische Unterstützung auf höchster Ebene benötigen. Der Trend zu großangelegten Forschungsprojekten mit politischer Signalwirkung lässt sich ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs beobachten, und wird oft mit der zunehmenden Professionalisierung und Hierarchisierung des Wissenschaftsbetriebs in Zusammenhang gebracht. Mit dem Ende des kalten Kriegs verloren große Physikprojekte (wie der nach Beginn der Bauarbeiten wieder eingestampfte SuperconductingSupercollider) zwar an Bedeutung, doch das „Big Science“-Prinzip wurde auf Prestigeprojekte in anderen Forschungszweigen wie das „Human Genome Project“und später das „Human Brain Project“ angewendet. Heute scheint der Trend zu Großforschungsprojekten und immer größeren Forschungskollaborationen jedenfalls ungebrochen: Leuchtturmprojekte wie das James-Webb-Teleskop, der Kernfusionsreaktor ITER oder der geplante neue Teilchenbeschleuniger FCC am CERN versprechen einerseits bahnbrechende wissenschaftliche Entwicklungen, bindenaber über Jahrzehnte hinweg finanzielle und personelle Ressourcen und stellen nicht zuletzt mitunter drastische Eingriffe in die Umwelt dar. Wie die Proteste gegen zusätzliche Teleskope auf dem Mauna Kea in Hawai’i zeigen, stoßen große Forschungsinfrastrukturen deshalb auch immer wieder auf lokalen Widerstand. Gibt es unter diesen Umständen eine Grenze für das Wachstum von Big Science? Bedürfen (teure) Großforschungsprojekte möglicherweise einer zusätzlichen demokratischen Legitimation, und wenn ja, wie könnte diese aussehen? Und wie werden überhaupt Entscheidungen über den Nutzeneines großen Forschungsprojekts getroffen, wenn sich nur die Kosten, nicht aber der Erkenntnisgewinn vorausberechnen lassen?In diesem Seminarbeschäftigen wir uns mit der Geschichte, Gegenwart und Zukunft ausgewählter„Big Science“-Projekte und mit aktuellen Debatten zur Organisation undGovernance von öffentlich finanzierter Forschung.
Erwartete Vorkenntnisse
Bereitschaft englische Texte zu lesen. Das eigene Englisch muss dafür keineswegs perfekt sein.
Literatur
Pflichtliteratur und ggf. weiterführende Literatur werden in der LV bekannt gegeben