Intendierte Lernergebnisse
Erarbeitung eines differenzierten und kritisch-reflexiven Zugangs zum Themenkreis philosophisches Denken im Verhältnis zu Kunst und Wissenschaft, generell zur Frage von möglichen Ansprüchen und Vorgehensweisen von Philosophie; Einführung in eine Reihe zentraler philosophischer Grundfragen; methodisch-systematische Erschließung der relevanten Fragestellungen anhand konkreter Texte insbesondere mittels begriffskritischer und begriffsgeschichtlicher Verfahren.
Lehrmethodik
Vortrag; Diskussion; diskursive Erörterung von gemeinsam gelesenen Texten (diese werden den TeilnehmerInnen zur Verfügung gestellt) und Filmausschnitten.
Inhalt/e
Was genau Philosophie ist oder sein kann, ist eine so spannende wie letztlich nicht abschließend beantwortbare Frage. Dass es allerdings um grundlegende Themen geht, wie sie in Kants berühmten vier Fragestellungen Ausdruck finden, kann möglicherweise außer Streit stehen. Debatten um die richtigen Methoden, sich solchen Themen anzunähern, führen allerdings fast zwangsläufig in vermintes Gelände.Literarische Texte ermöglichen größere Offenheit und insbesondere ein stärkeres Offenlassen von Fragestellungen als es vielleicht im Rahmen akademischen Philosophierens möglich sein mag (zwingend ist das allerdings – in beiderlei Hinsicht – nicht). Antworten bzw. Antwortalternativen können ausprobiert und angedeutet, müssen aber nicht einer abschließenden Ausformulierung zugeführt werden. Im Vordergrund stehen die Fragen selbst, insbesondere auch solche, die unter Umständen gar keiner Beantwortung zugänglich sind, aber gleichwohl philosophische Relevanz haben können.Dass derlei Sichtweisen kein Gemeingut innerhalb der Philosophie als akademischer Disziplin darstellt, mag ein bekanntes Diktum Arthur C. Dantos verdeutlichen: „Ungefähr seit die Philosophie zu einem Beruf geworden ist, gilt in ihr der professionelle philosophische Aufsatz als die kanonische literarische Form.“ (Danto 1993,168.) Demgegenüber geht die oben angedeutete Option davon aus, dass sich herkömmliche Auffassungen von künstlerischem und wissenschaftlichem Ausdruck gerade im Rahmen philosophischer Unternehmungen zuweilen nicht trennen lassen und dass dies besagten Unternehmungen auch keineswegs zum Nachteil gereichen muss. Diese These könnte anhand „genuin“ philosophischer Texte mit literarischen Zügen zu untermauern gesucht werden (zu denken wäre in diesem Zusammenhang beispielsweise an Arbeiten Ludwig Wittgensteins oder Jacques Derridas). Im Rahmen dieser Lehrveranstaltung soll es jedoch um literarische Texte gehen, die philosophische Fragen aufwerfen oder sogar sehr intensiv behandeln. Zugleich bleibt zu bedenken, dass die postulierte größere Offenheit literarischer Texte möglicherweise auch dadurch bedingt sein könnte, dass ihre Möglichkeiten, die Analyse aufgeworfener Fragen mit ihren Mitteln allzu weit zu treiben, begrenzt sein mögen. Für philosophische Reflexion ergäbe sich solchermaßen eine Sackgasse. Ob dem allerdings so ist oder gar sein muss, und welche Perspektiven daraus abgeleitet werden könn(t)en, diesen Fragen wendet sich die Lehrveranstaltung zu. Versucht wird dies insbesondere anhand der im Literaturverzeichnis genannten Primärtexte.
Literatur
Primärtexte:Atwood, Margaret: The Handmaid’s Tale (Boston, Mass. et al. 1986).Barnes, Julian: Elizabeth Finch (London 2022); dt.: Elizabeth Finch. Roman. Aus dem Englischen v. Gertraude Krueger (Köln 2022).Borges, Jorge Louis: Fiktionen. Erzählungen 1939-1944. Übersetzt von Karl August Horst, Wolfgang Luchting und Gisbert Haefs (=Borges, Jorge Louis: Werke in 20 Bänden, hg. v. Gisbert Haefs und Fritz Arnold. Bd. 5; Frankfurt am Main 1996).Camus, Albert: Die Pest. [1962] Deutsch v. Uli Aumüller (94. Aufl. Reinbek bei Hamburg 2020).Canetti, Elias: Die Blendung [1936]. Roman (Frankfurt am Main 2012).Dostojewskij, Fjodor Michailowitsch: Böse Geister [1872]. Roman. Aus dem Russischen v. Swetlana Geier (Frankfurt am Main 2021).Dostojewski, Fjodor Michailowitsch: Verbrechen und Strafe [1866]. Roman. Aus dem Russischen v. Swetlana Geier (Frankfurt am Main 2021).Duncker, Patricia: Hallucinating Foucault (London 1997); dt.: Die Germanistin. Roman. Aus dem Englischen v. Karen Fischer-Nölle (Berlin 1997).Eco, Umberto: Das Foucaultsche Pendel. Aus dem Italienischen v. Burkhart Kroeber (München/Wien 1989).Eco, Umberto: Der Name der Rose. Aus dem Italienischen v. Burkhart Kroeber (München/Wien 1982).Enquist, Per Olov: Der Besuch des Leibarztes. Roman. Aus dem Schwedischen v. Wolfgang Butt (München 2001).Gontscharow, Iwan: Oblomow (1859). Übers. v. Vera Bischitzky (München/Wien 2012).Gustafsson, Lars: Die Sache mit dem Hund. Roman. Aus dem Schwedischen v. Verena Reichel (München 1994).Gustafsson, Lars: Frau Sorgedahls schöne weiße Arme. Roman. Aus dem Schwedischen v. Verena Reichel (München 2009).Hustvedt, Siri: The sorrows of an American (New York 2008); dt.: Die Leiden eines Amerikaners. Roman. Aus dem Amerikanischen v. Uli Aumüller et al. (Reinbek 2008).Hustvedt, Siri: What I loved (New York 2003); dt.: Was ich liebte. Roman. Aus dem Amerikanischen v. Uli Aumüller et al. (Reinbek 2003).Mann, Thomas: Der Zauberberg [1924]. Roman (26. – 40. Tsd. Frankfurt am Main 1992).Mann, Thomas: Doktor Faustus. Das Leben des deutschen Tonsetzers Adrian Leverkühn, erzählt von einem Freunde [1947]. Roman (225. – 234. Tsd. Frankfurt am Main 1990).Marías, Javier: Mein Herz so weiß. Roman. Aus dem Spanischen v. Elke Wehr (Stuttgart 1996).Mercier, Pascal: Nachtzug nach Lissabon. Roman (München 2004).Mitchell, David: Cloud Atlas (London 2004); dt.: Der Wolkenatlas. Ins Deutsche übers. v. Volker Oldenburg (Reinbek 2006).Powers, Klang der Zeit. Roman. Aus dem Amerikanischen von Manfred Allié und Gabriele Kempf-Allié (3. Aufl. Frankfurt am Main 2004).Tokarczuk, Empusion. Roman. Eine natur(un)heilkundliche Schauergeschichte. Aus dem Polnischen v. Lisa Palmes und Lothar Quinkenstein (Zürich 2023).Yourcenar, Ich zähmte die Wölfin. Die Erinnerungen des Kaisers Hadrian. Aus dem Französischen v. Fritz Jaffé (29. Aufl. München 2020).Zeh, Juli: Spieltrieb. Roman. (Frankfurt am Main 2004).Zeh, Juli: Corpus Delicti. Ein Prozess. Roman. (Frankfurt am Main 2009).