Intendierte Lernergebnisse
Vermittlung eines sonderbaren kulturgeschichtlichen Phänomens, das zwischen Aberglaube, Aufklärung, kritischem Wissensdiskurs (Medizin, Theologie, Psychologie, …) und Selbstjustiz den Umgang mit diskursiver Entgrenzung herausfordert. Die Anregung zur kulturwissenschaftlichen Auseinandersetzung in Literatur, Kunst und Film erlaubt es, auf die veränderten Kontexte kultureller Alterität – vom 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart – im Detail einzugehen.
Lehrmethodik
Einführung des LV-LeitersPräsentationen zu ausgewählten ThemengebietenDiskussionen über das Themengebiet der LehrveranstaltungSchriftliche Abschlussarbeit
Inhalt/e
Der Vampirglaube verbindet abergläubische Vorstellungen von Wiedergängern oder Nachzehrern mit ungewöhnlichen Todesfällen oder Verhaltensabnormitäten – von diversen Erzählungen aus dem Hochmittelalter bis zu den bekannten Fällen im Südosten des Habsburgerreiches, wo es 1725 und 1731/32 zu einer unerklärlichen Seuche gekommen war, die man mit dem Glauben an Vampire in Verbindung brachte. Infolge der journalistischen Aufbereitung, die von (populär-)wissenschaftlichen und gesellschaftspolitischen Diskursen begleitet wurde, kam Bewegung in die Differenz- und Identitätssetzung zwischen Eigenem und Anderem, Vertrautem und Fremdem. Von der Literatur aufgegriffen wurde der Vampirismus, nachdem rationalisierende Argumente im ausgehenden 18. Jahrhundert versucht hatten, diesen als rückständigen Aberglauben zu entlarven.Die von den ersten lyrischen/literarischen Adaptionen (so etwa von Johann Wolfgang von Goethe und John Polidori) bis Bram Stokers Roman Dracula (1897) aufgebotene Vielseitigkeit und Wandlungsfähigkeit des Themas Vampir überschreitet historische sowie kulturelle Konstellationen bis in die Kinos und zu den diversen Wissenschaftsdisziplinen der Gegenwart in der Verbindung heterogener Themengebiete: Verlängerung des Lebens, übernatürliche Kräfte, deviantes Verhalten, Blut und Rasse, apokalyptische Endzeitvisionen als Ergebnis genetischer Experimente. Die zum Teil originellen Orientierungsleistungen am Vampirglauben verweisen auf Spezifika kultureller Bewusstseinsformen, die in der LV durch Präsentationen sowie durch Diskussionen erläutert werden. Den Abschluss bildet eine Arbeit über ausgewählte Interessengebiete.Primärliteratur (Auswahl):van Swieten, Gerhard: Vampyrismus (1768).Polidori, John: The Vampyre (1816).Marschner, Heinrich: Der Vampyr. Romantische Oper in 2 Akten (1828).Gogol, Nikolai: Der Wij (1835).Gautier, Théophile: La morte amoureuse (Die liebende Untote, 1836).Sheridan Le Fanu, Joseph: Carmilla (1872).Stoker, Bram: Dracula (1897).Ewers, Hanns: Vampir. Ein verwilderter Roman in Fetzen und Farben (1921).Friedrich W. Murnau (Regie): Nosferatu – Eine Sinfonie des Grauens (1922).Matheson, Richard: I am Legend (1954).Jordan, Neil (Regie): Interview with the Vampire (1994).Kunze, Michael/Steinman, Jim/Polański, Roman: Tanz der Vampire (1997).
Literatur
Begemann, Christian et al. (Hgg.): Dracula unbound. Kulturwissenschaftliche Lektüren des Vampirs. Freiburg i. Br. et al. 2008.Unterholzner, Bernhard: Die Erfindung des Vampirs. Mythenbildung zwischen populären Erzählungen vom Bösen und wissenschaftlicher Forschung. Wiesbaden 2019.Weitere Literatur wird in der LV bekannt gegeben.