Intendierte Lernergebnisse
Entwicklungen der älteren deutschen Sprache und Literatur (am Bsp. der Epik) in ihren literarhistorischen und intertextuellen Kontexten kennenlernen. Literarische Texte analysieren und interpretieren.
Lehrmethodik
Einführungen in die Einzelaspekte der Thematik durch die LV-Leiterin; gemeinsame Lektüre, Analyse und Diskussion mittelhochdeutscher Texte.
Inhalt/e
Die deutsche Erzählliteratur des Mittelalters verfügt über diverse Handlungsräume, die einen offensichtlichen Gegenpol zur regulären Handlungswelt bilden – als literarischer Topos (Indien, Paradies, Meer), als Erinnerungsort (Jerusalem), als Mythosrelikt und Übergangsort (Insel, Feenquelle) – und damit einen Gegenentwurf zur höfischen und/oder christlichen Welt anbieten können. Am Rand der bekannten Welt angesiedelt oder in einer wunderbaren Szenerie, mit irritierenden und gefährlichen Wesen bevölkert oder auch als Imaginationen des Glücks entworfen, sind sie Erweiterungen der konventionellen ritterlichen Handlungswelt und enthalten zentrale Herausforderungen für den Protagonisten. Diese Gegenwelten verraten anhand der Figuren- und Erzählerrede mittelalterliche Wahrnehmungsweisen und Wertungsmaßstäben des Fremden und Ungewöhnlichen, sie skizzieren Wunschbilder und Bedrohungsszenarien. Doch zugleich werden hier narrative Ordnungsentwürfe entwickelt, nicht selten entlang von Leitdifferenzen, die uns kulturelle Basisvorstellungen des Mittelalters offenlegen.Das Seminar wird einschlägige epische Texte erfassen, die dem Gattungstyp des Artusromans, Antikenromans und Heldenepos entstammen (u.a. Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman; Hartmann von Aue: Iwein; Nibelungenlied). Dabei sollen in gemeinsamer Lektüre und Diskussion erzähltechnische, strukturelle und kulturelle Aspekte der gegenweltlichen Raumdarstellungen erörtert werden und vor dem Hintergrund der aktuellen Forschung zu mittelalterlichen Raum- und Fremdheitsnarrativen analysiert werden.
Erwartete Vorkenntnisse
Kenntnisse des Mittelhochdeutschen.
Curriculare Anmeldevoraussetzungen
Für Studierende des BA Germanistik: Für den Besuch der LV ist die Absolvierung des Grundkurses 'Ältere Deutsche Sprache und Literatur' obligatorisch.
Literatur
Einführende LiteraturAllgemein:Literarische Orte in deutschsprachigen Erzählungen des Mittelalters. Ein Handbuch. Herausgegeben von Tilo Renz, Monika Hanauska und Mathias Herweg. Berlin/Boston 2018.Zu einzelnen Texten:Ludger Lieb: Hartmann von Aue. Erec – Iwein – Gregorius – Armer Heinrich. Berlin 2020 (=Klassiker-Lektüren 15).Elisabeth Lienert: Deutsche Antikenromane des Mittelalters. Berlin 2001 (=Grundlagen der Germanistik 39).Nine R. Miedema: Einführung in das Nibelungenlied. Darmstadt 2011 (=Einführung Germanistik).Jan-Dirk Müller: Das Nibelungenlied. 4. neu bearb. und erw. Aufl. Berlin 2015 (=Klassiker-Lektüren 5).Ursula Schulze: Das Nibelungenlied. Stuttgart 1997 (=RUB 17604).Ausgaben:Hartmann von Aue: Iwein. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hg. und übers. von Rüdiger Krohn, kommentiert von Mireille Schnyder. Stuttgart 2023 (=RUB 19011).Das Nibelungenlied. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Nach dem Text von Karl Bartsch u. Helmut de Boor ins Neuhochdt. übers. u. komm. v. Siegfried Grosse. Stuttgart 2003 (=RUB 644).Pfaffe Lambrecht: Alexanderroman. Mittelhochdeutsch/Neuhochdeutsch. Hg., übers. und komm. von Elisabeth Lienert. Stuttgart 2007 (=RUB 18508).