Intendierte Lernergebnisse
Die Studierenden solleneinen Überblick über die Diskussion zum „spatial turn“ in der Friedens- und Konfliktforschung bekommen haben;Raumtheorien und Ansätze zur Analyse von Räumlichkeit in ihrem Verhältnis zu Konfliktdimensionen kennen gelernt haben;einen kritischen Blick auf Raum als Konflikt“verursacher“ und „-variable“ einnehmen können;an konkreten Fallbeispielen die Möglichkeiten und Grenzen eines solchen Forschungsansatzes angewendet haben;Posterpräsentationen als Format/Methode der Wissensvermittlung kennengelernt haben.
Lehrmethodik inkl. Einsatz von eLearning-Tools
Lektüre und eigenständige Vorbereitung der Texte zwischen den LV-Einheiten; an den Fragestellungen der LV-Einheit entlang strukturierte Diskussion in Kleingruppen und im Plenum; Kurzimpulse der Studierenden zu Basistexten.Im Semester eigenständige Erarbeitung eines Posters über ein selbstgewähltes Thema in Absprache mit der Lehrperson. Im Rahmen einer abschließenden schriftlichen Arbeit beschäftigen sich die Studierenden intensiv mit einer selbst gewählten und entwickelten Fragestellung.
Inhalt/e
Seit einigen Jahren ist für die Friedens- und Konfliktforschung der „spatial turn“ ausgerufen, der für die stärkere Berücksichtigung raumbezogener Dimensionen bei der Erforschung von Konflikten und Kriegen, Friedensprozessen und Konfliktbearbeitung wirbt (vgl. Björkdahl/Buckley-Zistel 2016). Doch was bedeutet das?Viele Konflikte „greifen Raum“ indem sie einen Ausdruck in der materiellen Wirklichkeit finden („Schlachtfelder“, „NoGo-Areas“, „Angsträume“, „Verhandlungsorte“) oder indem es „um Raum geht“ („Landkonflikte“, „territoriale Souveränität“, u.a.). Dabei sind diese Bezüge auf Raum immer durchzogen von gesellschaftlichen Vorstellungen über Räumlichkeit („gesellschaftliche Raumverhältnisse“), den dominanten räumlichen Ordnungsvorstellungen einer Gesellschaft.Vermittels „des“ Raums kommen Konflikte um Herrschaftsinteressen, Ordnungsvorstellungen und Ressourcen, aber auch andere gesellschaftliche Ein/Ausschlüsse (rassistische Markierungen, sexistische und anderweitig diskriminierende Markierungen) zum Tragen – und finden „im Raum“ ihren Niederschlag („Grenzen“; „Ghettoisierung“; u.a.).Gleichermaßen gibt es Versuche, gewaltsame Logiken von Raumproduktionen zu überwinden, zu verändern oder „andere Räume“ für Friedensprozesse zu nutzen.In diesem Seminar wollen wir daher der Frage nachgehen, wie Räumlichkeit (also die materiellen, diskursiven, mentalen, emotionalen und ideologischen Ebenen von „Raum“) in Konflikten eine Rolle als Konfliktgegenstand (direkt oder indirekt), als Konfliktfaktor/-treiber und als Möglichkeitsvariable für Konflikttransformationsprozesse fungiert. Inwieweit bestimmen also gesellschaftliche Raumverhältnisse die Konfliktverläufe, -gründe, -dynamiken und -logiken und wie können diese analysiert und verändert werden?Außerdem soll als wissenschaftskritische Betrachtung auch mit einfließen, wie unterschiedliche geographische Maßstabsebenen („scale“) oder raumbezogene Semantiken in der wissenschaftlichen Forschung zu Konflikten unweigerlich auch „Räume des Konflikts“ oder „Raumbezüge des Konflikts“ konstruieren.Wir lernen unterschiedliche methodische und theoretische Zugänge sowie unterschiedliche Möglichkeiten der analytischen und transformativen Repräsentation von „Räumlichkeiten des Konfliktes“ kennen.Die Konfliktbeispiele in diesem Kurs reichen von der O-Platz-Besetzung in Berlin, über das europäische Grenzregime und weiter über die Konstruktion von „warscapes“ in Mosambik bis hin zur „räumlichen Auslöschung“ als Strategie der Massengewalt in Kambodscha.
Erwartete Vorkenntnisse
Bereitschaft zu regelmäßiger Lesearbeit zwischen den EinheitenBereitschaft zur Arbeit (auch) mit englischsprachiger FachliteraturInteresse an Fragestellungen der Konfliktforschung mit Raum/RäumlichkeitsbezugAktive Seminarteilnahme und DiskussionsbereitschaftAchtung: Bereitschaft, auch Fallbeispiele extremer Gewalt (u.a. Genozid und Auslöschungsrhetorik) analytisch zu studieren. Es wird Rücksicht auf Dimensionen der Retraumatisierung genommen werden können, allerdings werden die Fallbeispiele notwendig zu diskutieren sein.
Literatur
Die vollständige Literatur zu Theorien und Fallbeispielen raumbezogener Konfliktforschung wird zu Semesterbeginn über die Lernplattform zur Verfügung gestellt.Grundlagenwerk:Korf, Benedikt; Schetter, Conrad (2015): Geographien der Gewalt : Kriege, Konflikte und die Ordnung des Raumes im 21. Jahrhundert. Stuttgart : Borntraeger. Unibib Klagenfurt: https://permalink.obvsg.at/UKL/AC12274267