Intendierte Lernergebnisse
Im Kontext einer am Gemeinwesen-orientierten Erwachsenenbildung lassen sich „interesse-geleitetete“ Bildungsbedürfnisse und -bemühungen Erwachsener (u.a. auch außerhalb formalisierter Bildungseinrichtungen) lebensweltlich beobachten und wissenschaftlich orten: Sie manifesteren sich u.a. im konfessionellen und nicht-konfessionellen Bildungsehrenamt, in den Tätigkeiten gemeinnütziger NGO's, im kritisch-emanzipatorischen Bildungsaktivismus von/für Erwachsene/n, in Praxen der Sorge für und Pflege um die Mit-Menschen und die Um-Welt. Erwachsene entwickeln handlungsleitend community-basierte Modelle der ländlichen und/oder städtischen Selbstversorgung sowie im Bereich des Kreislaufwirtschaftens und der Permakultur. Diese genuin andragogischen, u.U. re-produktiven Tätigkeiten des Caring und Sharing, die in turbo-neoliberalen Zeiten diskursiv auf die Privatsphäre des (gegenderten) Individuums reduziert werden und damit auf der technokratisch-strukturellen Ebene des offiziellen Bildungssystems kaum sichtbar werden, lassen sich auf Grundlage erwachsenenbildungswissenschaftlicher Historiografie auch gegenwärtig als (weiter)bildungsrelevant gewichten. Es sollen demnach Beispiele, Modelle und Konzepte "freier" Weiterbildungsformen aus Vergangenheit und Gegenwart behandelt werden, in denen das öko-soziale, bewegte Engagement von Einzelnen und/oder ganzen Gemeinschaften andragogisch nachvollziehbar werden.Nach erfolgreichem Abschluss der LV sind die Studierenden in der Lage, historisch gewachsene nationale und internationale Modelle sowie andragogische, didaktische Konzepte einer am Gemeinwesen orientierten und freien Weiterbildung Erwachsener zu erkennen. Sie sind in der Lage, Entwicklungen gegenwärtiger lebens- und arbeitsnaher "freier" Bildungsangebote in Österreich (erwachsenen)bildungswissenschaftlich zu analysieren.Studierende sind sodann in der Lage, urbane und regional-ländliche gehaltvolle "freie" Weiterbildungskonzepte Erwachsener in einem breiten Verständnis allgemeiner, kultureller, politischer und beruflicher Bildung fachkundig zu betrachten. Sie lernen hegemoniale und imperiale Selbstverständlichkeiten bezogen auf legitimierte und offizielle Bildung zu hintrefragen (und im Vergleich dazu je ausgeblendete, scheinbar „entgrenzte“ Formen der Weiterbildung Erwachsener kritisch neu zu gewichten). Sie lernen diskursive Praktiken homogenisierender-regulativer Steuerungsversuche auf „freie“ Konzepte und Formen sowie Formate der (Weiter-)Bildung Erwachsener historisch informiert sowie macht-kritisch zu reflektieren.
Lehrmethodik inkl. Einsatz von eLearning-Tools
Das Seminar gestaltet sich methodisch wie folgt:Neben Impulsreferaten der Lehrenden werden regelmäßig inhaltlich abgestimmte Pflichtlektüren in Heimarbeit vertieft gelesen, in Präsenz besprochen und gemeinsam reflektiert. Dazu verfassen die Studierenden vierzehntägig ein Leseprotokoll. Dieses wird bitte am Vortag der LV Veranstaltung, d.h. montags bis spätestens 12 Uhr in MOODLE hochgeladen.In Gruppenarbeiten erstellte Lernplakate und Zeittafeln (u.a. mittels digitaler Tools) sollen theoretische Grundlagen, Begrifflichkeiten, Instrumentarien und didaktisch-methodische Modelle und Konzepte visualisieren. Letztere dienen zur kritischen Reflexion von Entwicklungen von Bildungsanrufungen, -formen und -formaten und als Grundlage für Gruppendiskussionen. Studierende gestalten diese sodann als konkrete Handreichung für deren eigenes professionelles (pädagogisches) Handeln. Es werden neben theoretischen Rahmungen und historischen Spurensuchen Konzepte community basierter Weiterbildung Erwachsener und ganzer Communities sowie aktuelle empirische Beispiele zu Debatten einer weniger anthropozentrischen Betrachtung des Lernens / der Bildung präsentiert. Letzteres betrifft die Mensch-Umwelt-Relation im Fokus zivilgesellschaftlichen Engagements auch im Rahmen der Weiterbildungsangebote von/für Erwachsene / bzw. (Green) Community Education.Die Studierenden werden sodann für die Referate/Präsentationen selbstständig (Fall)Beispiele in ihrem Umfeld ermitteln bzw. in der (internationalen) pädagogischen Fachliteratur nach Beispielen suchen und diese im Rahmen der LV jeweils in 15-minütigen Referaten präsentieren. Die Diskussion soll durch aktivierende Tätigkeiten mitgedacht und von den Studierenden angeregt werden.
Inhalt/e
Grundsätzlich geht es in dem wissenschaftlich kritisch-emanzipatorisch verorteten Masterseminar um die Erörterung des Ethos of Care in Bildung und Gesellschaft. Der moderne Begriff „Gender Climate Gap“ geht beispielsweise davon aus, dass Frauen global gesehen, schwerer von ökologischen Krisen betroffen sind als Männer. Besonders in ländlichen Regionen des globalen Südens zeigt sich, dass aufgrund der Klimakrise gerade die Care-Arbeit, die vor allem von Frauen ausgeübt wird, durch schlechtere Zugänge (u.a. zu Wasser und Nahrung) erschwert wird. Der Gender-Climate Gap ergibt sich durch die global gesehen geringere Teilhabe an kollektiven Entscheidungen von Frauen sowie durch eine unterpräsentierte Stellung in der Politik. Österreich ist in einer vom Weltwirtschaftsforum (WEF) erstellten globalen Rangliste der Gleichstellung zwischen Männern und Frauen auf Rang 47 unter 146 Ländern abgestürzt. Das bedeutet gegenüber 2022 eine Verschlechterung um 26 Plätze. In Anlehnung an die Genderökonomie-Thematik und an erwachsenpädagogische / -bildungsrelevante Traditionen der am Gemeinwesen orientierten Erwachsenenbildung wird auf die (Für)Sorge um und die Pflege von Subjekten, Gemeinschaften und Umwelt geschaut. Dabei sollen traditionsreiche (Ökofeminismus) und neuere Diskurse (neu-materialistische/posthumane) zur Mensch-Umwelt-Relation in den Bildungs- und Sozialwissenschaften erkundet werden. Reproduktive/regenerative Arbeit von Menschen/und Natur sowie die Zerstörung von Land, Verschmutzung von Wasser und Luft, u.v.m. durch extrahierende Industrien bleiben vom Bruttoinlandsprodukt beispielsweise unbeachtet. Das trifft mehrfach Frauen. Patriarchale Strukturen, welche von Beherrschung von Natur und Lebewesen ausgehen, legitimieren die Ausbeutung ökologischer sowie sozialer Ressourcen. Die ökologischen Krisen sind in solchen sozialen Machtverhältnissen entstanden, welche die Angewiesenheit und Abhängigkeit vieler von sozialen und ökologischen Systemen ignorieren. Häufig wird die Sichtweise vertreten, dass nicht nur Umweltressourcen, sondern auch soziale Leistungen unbegrenzt und kostenlos zur Verfügung stehen.
Erwartete Vorkenntnisse
Genauigkeit und Tiefe in der Lektüre, der Reflexion und Argumentationsweise der behandelten Themen.Kompetente Literaturrecherche in erwachsenenbildungswissenschaftlichen, internationalen und nationalen Literaturbeständen (Print- und online Ressourcen).
Literatur
Diese wird am Anfang des SE in MOODLE bereit gestellt.