Intendierte Lernergebnisse
Die Studierenden haben gelernt, die österreichische Sozialpolitik im gesamten politischen Geschehen einzuordnen und ihre Vernetzung als Behinderten- und Sozialpolitik des Landes, des Bundes und der EU sowie der Menschenrechtspolitik der UNO einerseits und andererseits die Widerspiegelung der Interessen der einzelnen Stakeholder*innengruppen (Betroffene, Angehörige, Verbände, Leistungsanbietende, Dienstgeber*innen, Finanzverantwortliche, etc.) zu verstehen. Sozialpolitische Grundkenntnisse bilden einen Handlungsrahmen für nahezu alle Handlungsfelder der nichtschulischen Pädagogik, insbesondere aber der Inklusionspädagogik.Die Studierenden können ihre eigene Stellung und Tätigkeit, aber auch die Probleme, Visionen und Ideen ihrer Klient*innen, aber auch ihrer Dienstgeber*innen nun besser im Gesamtkomplex verorten und sind daher in der Lage, ihre berufliche Tätigkeit im Behinderten- und Sozialbereich zu optimieren. Dabei stehen die Möglichkeiten, Chancen, aber auch Probleme des Grundsatzes der „Arbeit mit Mission“ (Seibel) und des Anspruches aller Sozialen Arbeit und Sozialpädagogik, eine Menschenrechtsprofession zu sein, im Focus vielfältiger Diskussionen. Ein Grundverständnis ökonomischer Zusammenhänge hilft, die Probleme des Sozialstaates auch aus der Finanzierungsseite (inklusive ihres Nutzens und Return on Investment – ROI) zu verstehen. Da ein erheblicher Teil der österreichischen Sozialleistungen von den Betroffenen aus Unwissen, aus Scham, aus Fehlinformationen und aus fehlender Unterstützung nicht abgehoben werden („Non-Take-Up-Rate“), lernen die Studierenden die wesentlichen Zusammenhänge der Leistungsansprüche und jene Strukturen kennen, wo detailiertere Information über einzelne Leistungsbereiche und Antragsmöglichkeiten zu erhalten sind, um in ihrem beruflichen Wirkungsfeld einen Beitrag zur Reduktion nicht abgeholter Sozialleistungen leisten zu können
Lehrmethodik
Frontalvortrag, Gruppendiskussion, eigene Arbeit in Seminargruppen (es sind auch Einzelarbeiten möglich), Präsentation und Diskussion der eigenen Ergebnisse.
Inhalt/e
Sozialpolitik ist heute neben der Erwerbsarbeit der wesentlichste Taktgeber unseres Lebens. Viele Bedingungen unseres Lebens werden durch sozialpolitische Leistungen und ihre Finanzierungen geprägt: von der Alterssicherung und der Gesundheitsversorgung über den Schutz bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten oder bei Arbeitslosigkeit bis hin zu den armutsreduzierenden Leistungen der Sozialhilfe und zu den familienpolitischen Leistungen. Auch arbeitsrechtliche Regulierungen der Arbeitsbeziehungen gehören zur Sozialpolitik. In einem breiteren Verständnis von Sozialpolitik gehören auch die Leistungen der Bildungspolitik (der freie Schulzugang etwa) genannt.Obwohl sozialpolitische Leistungen prinzipiell der gesamten Gesellschaft zur Verfügung stehen und auch von der gesamten Gesellschaft solidarisch finanziert werden, sind sie als lebenssichernde und lebensstrukturierende Maßnahmen insbesondere für vulnerable oder sozial schwache Personengruppen von existenzieller Bedeutung. Und hier erkennt man wie in einem Brennglas sowohl die Stärken als auch die Schwächen des österreichischen Sozialstaates.Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen sind in besonderer Weise von sozialstaatlichen Leistungen abhängig. Hier hat die UN-Konvention für die Rechte der Menschen mit Behinderungen, die 2008 von Österreich und 2010 von der gesamten EU ratifiziert worden ist, erhebliche Verbesserungen und klarere Rechtsansprüche gebracht. Aber gerade am Beispiel der UN BRK kann gezeigt werden, wo es Probleme bei der Umsetzung gibt und was in Zukunft noch getan werden muss, um einen inklusiven Arbeitsmarkt und eine inklusive Lebenswelt für wirklich alle Menschen in unserem Land zu schaffen. Dabei sind auch Probleme der De-Institutionalisierung und ihres Stockens in Österreich zu besprechen.
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